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3.1.4 Anwendung des
Stirnabschreckversuchs
für die Stahlauswahl
Die von der Härte abhängen-
den Bauteileigenschaften lassen
sich nur dann mit hoher Sicherheit
erreichen, wenn die Härtbarkeit
des verwendeten Stahls auf die in
der Fertigung vorliegenden Bedin-
gungen beim Härten sorgfältig ab-
gestimmt ist. Um dies zu erreichen,
ist es für eine optimale Stahlaus-
wahl notwendig, neben der erfor-
derlichen Aufhärtbarkeit auch die
Einhärtbarkeit zu berücksichtigen.
Der für eine ausreichende Aufhärt-
barkeit erforderliche Kohlenstoff-
mindestgehalt ergibt sich aus der
in 3.1.1 angegebenen Beziehung,
wenn diese in die nachstehende
Form gebracht wird:
Hierbei ist vorausgesetzt, dass
beim Härten eine vollständige Um-
wandlung des Austenits in Marten
-
sit erfolgt und die erforderliche
Härte in HRC eingesetzt wird.
Die erforderliche Einhärtbar-
keit zum Erzielen einer ausreichend
hohen Kernhärte bei Werkstück-
abmessungen über 10 mm bzw. bei
relativ geringer Abkühlgeschwin-
digkeit, um
z. B.
das Verzugs- und
Rissrisiko gering zu halten, wird mit
Hilfe des Härtbarkeitsstreubandes
des Stirnabschreckversuchs ermit-
telt. Dies wird dadurch möglich,
weil
in einem Werkstück mit zu-
nehmendem Abstand von der Ober-
fläche ebenso wie entlang der Stirn
-
abschreckprobe die Abkühlge-
schwindigkeit abnimmt. Da gleiche
Abkühlverläufe zu demselben Um-
wandlungsergebnis, d. h. zu glei-
cher Härte, führen, kommt es dar-
auf an, eine entsprechende Bezie-
hung zwischen dem Abstand von
de
r Oberfläche bzw. der Abmes-
sung eines Bauteils und dem Ab-
stand von der abgeschreckten Stirn
-
fläche einer Stirnabschreckprobe
herzustellen. Üblicherweise wird
hierzu die Abkühldauer von 800
auf 500 °C benutzt: Bei der Stirn-
abschreckprobe muss zu diesem
Zweck für bestimmte Abstände von
der abgeschreckten Stirnfläche und
z. B.
bei Rundstäben mit unter-
schiedlichem Durchmesser für
bestimmte Stellen des Querschnitt
s
(
z. B.
Kern, 1/2-Radius, 3/4-Radius,
Oberfläche) der jeweilige Abkühl-
verlauf ermittelt und hieraus die
en
t
sprechende Abkühldauer ent-
nommen werden. Einer bestimm-
ten Abkühldauer kann danach ein
zugehöriger Abstand von der ab-
geschreckten Stirnfläche oder für
eine bestimmte Stelle eines Rund-
stabs ein zugehöriger Durchmesser
zugeordnet werden. Die graphische
Darstellung dieses Zusammen-
hangs unter Berücksichtigung der
Streuung ist nach DIN 17021-1 in
Bild 20 für den Kern und die
Oberfläche von in Wasser und in
Bild 21 für in Öl abgeschreckte
Rundstäbe wiedergegeben.
Es ist ersichtlich, dass
z. B.
beim Abschrecken in Wasser der
Kern eines Rundstabs mit 50 mm
Durchmesser im Mittel ebenso
rasch abkühlt wie die Stirnab-
schreckprobe im Abstand 12,5 mm
von der abgeschreckten Stirnfläche;
für die Oberfläche ergibt sich ein
entsprechender Wert von ca.
3,5
mm. Die beiden Bilder können
nun
sowohl dazu benutzt werden,
die Stelle der Stirnabschreckprobe
anzugeben, an der sich dieselbe
Härte einstellt wie an einer be-
stimmten Stelle des Rundstabs,
als auch dazu, mit Hilfe der Härt-
Wärmebehandlung von Stahl – Härten, Anlassen, Vergüten, Bainitisieren
erforderliche Härte – 35
Kohlenstoffmindestgehalt =
—————————————
± 0,04 [Masse-%]
50
bzw.
erforderliche Härte – 20
2
Kohlenstoffmindestgehalt =
(
—————————————
)
[Masse-%]
60
0
Abstand von der abgeschreckten Stirnfläche [mm]
Rundstabdurchmesser [mm]
0
10
5 10 15 20 25
20
30
40
50
60
70
80
90
Oberfläche
(1,5 mm
Randabstand)
Kern
Oberfläche
(1,5 mm
Randabstand)
Kern
Abkühlung
in Wasser
0
Abstand von der abgeschreckten Stirnfläche [mm]
Rundstabdurchmesser [mm]
0
10
5 10 15 20 25
20
30
40
50
60
70
80
90
Oberfläche
(1,5 mm
Randabstand)
Kern
Abkühlung
in Öl
Oberfläche
(1,5 mm
Randabstand)
Abkühlung
in Öl
Oberfläche
(1,5 mm
Randabstand)
Kern
Abkühlung
in Öl
(1,5 mm
Randabstand)
A
in
Bild 20: Zusammenhang zwischen in Wasser abgeschreckten
Rundstäben und der Stirnabschreckprobe
Bild 21: Zusammenhang zwischen in Öl abgeschreckten
Rundstäben und der Stirnabschreckprobe