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3.3 Abkühlen bzw. Abschrecken
3.3.1 Stetiger Abkühlverlauf
Um die Härtung herbeizufüh-
ren, muss nach dem Austenitisieren
so abgekühlt werden, dass die Um
-
wandlung möglichst ausschließlich
im Bereich der Martensitstufe er-
folgt. Die hierfür erforderliche Ab-
kühlgeschwindigkeit wird als kri-
tische Abkühlgeschwindigkeit
für
die Martensitstufe bezeichnet.
Hier-
bei wird zwischen einer oberen
kritischen, diese führt zu einem
Ab-
kühlverlauf, bei dem die Umwand-
lung
ausschließlich im Mar
tensit-
bereich erfolgt, und einer un
teren
kritischen Abkühlgeschwindigkeit,
diese führt zu einem Abkühlver-
lauf, bei dem neben Ferrit, Perlit
und/oder Bainit erstmals auch
Martensit entsteht, unterschieden.
Sie kann aus den ZTU-Schaubil-
dern der Stähle für kontinuierli-
ches Abkühlen abgelesen werden.
Erfolgt das Abkühlen mit einer grö-
ßeren Geschwindigkeit als an
ruhender Luft, wird von einem
Abschrecken gesprochen.
Die Temperatur, von der aus
das Abkühlen oder Abschrecken
vorgenommen wird, heißt Härte-
temperatur; sie ist meist mit der
Austenitisiertemperatur identisch.
Bei Unterschreiten der M
s
-Tem
-
peratur erfolgt die Umwandlung
in Martensit. Sie ist erst beim Er-
reichen der so bezeichneten M
f
-
Temperatur abgeschlossen. Für
unlegierte Stähle sind die M
s
- und
M
f
-Temperaturen in Abhängigkeit
vom Kohlenstoffgehalt in Bild 25
dargestellt.
Die Darstellung lässt erkennen,
dass es bei Kohlenstoffgehalten ab
etwa 0,6 Masse-% notwendig ist,
das Abkühlen/Abschrecken bis
unter Raumtemperatur fortzuset-
zen, um dem Ende der Umwand-
lung von Austenit in Martensit
möglichst nahe zu kommen.
Inwieweit der beim Abschre-
cken in einem Werkstück tatsäch-
lich erreichte Abkühlverlauf dem
für das Erreichen der gewünschten
Umwandlung erforderlichen ent-
s
pricht, hängt im Wesentlichen vo
n
der beim Abkühlen oder Abschre-
cken an der Werkstückoberfläche
erzielten Wärmestromdichte ab.
Diese ergibt sich hauptsächlich aus
Art und Temperatur des benutzten
Abschreckmittels, der Form, der
Masse und dem Oberflächenzu-
stand des abzukühlenden Werk-
stücks sowie der Relativgeschwin-
digkeit zwischen Abschreckmittel
und Werkstückoberfläche.
Das Abkühlen/Abschrecken
kann auch abgestuft oder mit zwei
unterschiedlichen Geschwindig-
keiten vorgenommen werden,
vgl. 3.3.2.
Werden flüssige Abschreck-
mittel, deren Siedepunkt unter-
halb der Härtetemperatur liegt,
verwendet, läuft der Abkühlvor-
gang in drei Phasen ab, wie in
Bild 26 veranschaulicht ist.
1. Phase: Dampfhautphase – in
dieser Phase entsteht durch
den Effekt des „Filmsiedens“
eine wärmeisolierende Dampf-
haut an der Werkstückober-
fläche (Leidenfrost-Phänomen);
die Abkühlwirkung ist relativ
gering.
2. Phase: Kochphase – in dieser
Phase bricht die Dampfhaut zu-
sammen, und der Wärmeüber-
gang wird sehr intensiv („Blasen
-
sieden“); die Abkühlwirkung ist
relativ hoch.
3. Phase: Konvektionsphase – in
dieser Phase findet kein Blasen-
sieden mehr statt, der Wärme-
übergang erfolgt durch Kon-
vektion; die Abkühlwirkung ist
relativ gering.
Die zum Abschrecken benutz-
ten Mittel Salzwasser, Öle, Emul-
sionen, Salzschmelzen, Wirbelbet-
ten oder Gase unterscheiden sich
Merkblatt 450
0
Kohlenstoffgehalt [Masse-%]
Umwandlungstemperatur [ºC]
200
0
0,4
400
200
0,8 1,2 1,6
~ 50 %
Beginn der
Martensitbildung (M
s
)
~ 80 %
Ende der
Martensitbildung (M
f
)
Oberflächentemperatur (bei Öl)
Dampfhautphase Kochphase Konvektionsphase
Bild 25: Zusammenhang zwischen dem Kohlenstoffgehalt und
den M
s
- und M
f
-Temperaturen unlegierter Stähle
Bild 26: Phasen der Abkühlung bei flüssigen Abschreckmitteln
mit Siedetemperatur < Härtetemperatur