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stückrand Spannungen hervorru-
fen, die zu plastischen Verformun-
gen des langsamer abkühlenden,
noch voll austenitischen – und
„weicheren“ – Werkstückinneren
führen. Dazu kommt die Überla-
gerung mit den Volumenkontrak-
tionen infolge der Temperaturab-
nahme beim Abkühlen, die ihrer-
seits ebenfalls Spannungen erzeu-
gen können.
Entsprechend diesen Wechsel-
beziehungen sind die auftretenden
Maß- und Formänderungen ganz
unterschiedlich. Die thermisch- und
umwandlungsbedingten Volumen-
änderungen
können sich sowohl
gegenseitig kompensieren als auch
verstärken. Analoges gilt für die
Eigenspannungen im Werkstück
nach dem vollständigen Abkühlen.
Allgemein lässt sich sagen: Je
größer die Abmessung und je gerin-
ger die Härtbarkeit, umso mehr
überwiegt der Einfluss der Wärme-
spannungen. Dadurch werden pris-
matische Körper kürzer und dicker
(„Tonnenform“). Bei größerer Härt-
barkeit und kleiner Abmessung
überwiegen die durch das Um-
wandeln
entstehenden Volumen-
änderungen. Sie führen zu einer
allseitigen Abmessungsvergröße-
rung.
Dazwischen liegen die Ab-
messungen, bei denen prismati-
sche Kör
per länger und dünner
werden und sich die Kanten auf-
werfen
(„Spulenform“).
Beeinflusst werden die Verhält-
nisse
noch zusätzlich durch den
Werkstoffzustand vor dem Härten
.
Vorhandene Eigenspannungen in-
folge des Walzens, Schmiedens
oder Ziehens, der spanenden Bear-
beitung, des Umformens oder des
Schweißens werden beim Auste-
nitisieren ausgelöst und können
bereits beim Erwärmen zu plasti-
schen Verformungen führen.
Darüber hinaus bestimmen die
Werkstückgeometrie sowie Walz-
oder Ziehtexturen die Vorzugsrich
-
tung, in der die Formänderungen
stattfinden. Das Resultat wird land
-
läufig als „Verzug“ bezeichnet und
ist z. B. durch ovale statt kreisrunde
Bohrungen, unebene Platten, krum-
me Wellen und Achsen usw. ge-
kennzeichnet.
Die derzeit verfügbare Rechner-
technik
hat es ermöglicht, Program-
me
zu entwickeln, mit denen an-
hand des Abkühlverlaufs in Ver-
bindung mit spezifischen Werk-
stoffkenndat
en die zeitlichen Vo-
lumenänderungen und entstehen-
den Eigenspannungen simuliert
werden können und die sich dar-
aus nach einem Härten er
gebende
Werkstückgeometrie abge
schätzt
werden kann. Die Entwick
lung
ist
zurzeit noch nicht abge
schlossen,
und die Programme sind noch
nicht allgemein verfügbar.
4 Bainitisieren
4.1 Ziel des Bainitisierens
Das Bainitisieren von Stählen
dient dazu, das Gefüge mehr oder
weniger vollständig in den bainiti-
schen Zustand zu überführen. Dies
ist, ebenso wie das martensitische
Härten, mit einer Steigerung der
Härte und der Festigkeit gegenüber
dem Ausgangszustand verbunden.
Die dabei eintretenden Maß- und
Formänderungen sind geringer als
beim Härten. Von großem Vorteil
für die Gebrauchseigenschaften ist
das größere Formänderungsvermö
-
gen des Bainits gegenüber Marten-
sit gleicher Härte.
4.2 Durchführung des
Bainitisierens
Zum Bainitisieren muss ebenso
wie beim Härten zunächst auf Aus
-
tenitisier- oder Härtetemperatur
Merkblatt 450
Zeit
Temperatur [ºC]
0
100
200
300
400
500
600
700
800
900
1 10 10
2
10
3
10
4
10
5
Martensit
M
s
Austenitisiertemperatur: 880 ºC
Austenit
50
90
33
63
26
37
21
95
39
39
47
Ferrit
Perlit
Umwandlungsende
Umwandlungsende
Beginn Perlitbildung
Beginn Ferritbildung
Bainit
Umwandlungsverlauf
beim Bainitisieren
1 2 4 8 15 30 60
Minuten
Sekunden
124 816
24
Stunden
= Härtewerte in HRC
50, 90, 95 = Gefügeanteil in %
50
Umwandlungs-
beginn
Bild 32:
ZTU-Schaubild für
isothermisches
Umwandeln des
Stahls 51CrV4