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austenit durch das Anlassen bei den
üblichen Temperaturen oberhalb
von 550 °C nahezu vollständig
um-
gewandelt wird.
6.4 Bainitisieren
Das Bainitisieren wird vorzugs-
weise
bei Bauteilen angewendet.
Für die erforderliche Zeit-Tempe-
ratur-Folge gelten die in 4.2 be-
schriebenen Zusammenhänge.
Die Vorgehensweise für den
ersten Schritt des Bainitisierens,
das
Austenitisieren, entspricht der
beim
Härten, siehe 6.2.
Die zum Abschrecken auf die
gewünschte Umwandlungstempe-
ratur erforderliche Geschwindig-
keit ist aus dem ZTU-Schaubild
für
isothermisches Umwandeln des
be-
treffenden Stahls zu entnehmen.
Zum Abschrecken eignen sich
am besten Salzschmelzen in be-
heizten Tiegelöfen mit guter Tem-
peraturregelung und Rückkühlung.
Es ist zweckmäßig, die Werkstücke
im Abschreckmittel zu bewegen
und/oder das Abschreckmittel um-
zuwälzen, um eine ausreichende
und gleichmäßige Abkühlwirkung
zu erreichen.
Die erforderliche Haltedauer
ergibt sich aus dem ZTU-Schau-
bild für isothermisches Umwan-
deln des betreffenden Stahls.
Wegen der meist zwei bis sechs
Stunden dauernden Umwandlung
kann es
zweckmäßig sein, das Um-
wandeln nach Abschrecken in
der
Salzschmelze in einem Luftum-
wälz
ofen fortzusetzen und zu be-
enden. Durch bestimmte Variation
der
Umwandlungstemperaturen
ist es möglich, die Umwandlungs-
dauer zu verkürzen.
Nach abgeschlossener Um-
wandlung wird auf beliebige
Weise – meist an ruhender Luft –
auf Raumtemperatur abgekühlt.
Ein nachträgliches Anlassen ist
nur dann erforderlich, wenn die
Härte reduziert werden muss. Ein
Tiefkühlen ist wegen des sehr ge-
ringen zu erwartenden Restauste-
nitgehalts nicht erforderlich.
6.5 Anlassen
6.5.1 Anlassen gehärteter
Bauteile
Üblicherweise werden Bauteile
nach dem Abschrecken auf Raum-
temperatur auf einer Temperatur
von 180 °C eine Stunde lang ange-
lassen. Die Verweildauer beim An-
lassen sollte mindestens eine Stun-
de
je
20 mm
Abmessung betragen.
Bauteile
mit höheren Anforderun-
gen an die Zähigkeit sind bei höhe-
ren Temperaturen anzulassen, ge-
gebenenfalls
bei Temperaturen
über 500 °C (= Vergüten), vgl. 5.3.
Das Anlassen wird an Luft, in
Salzschmelzen, im Gas, im Vakuum,
gelegentlich auch in Öl vorgenom
-
men. Beim Anlassen im Gas oder
an der Luft ist eine Umwälzung
zweckmäßig. Die Wahl der Umge-
bung beim Anlassen richtet sich
danach, ob eine Beeinflussung der
Oberfläche bzw. der Randschicht
vermieden werden muss oder nicht.
Werden Bauteile aus Stählen,
bei denen eine Versprödung zu be-
fürchten ist, oberhalb von 550 °C
angelassen, muss nach Ablauf der
Anlassdauer rasch auf Raumtempe-
ratur
abgeschreckt werden. In allen
anderen Fällen kann beliebig ab-
gekühlt werden.
6.5.2 Anlassen gehärteter
Werkzeuge
Bei Werkzeugen aus unlegier-
ten Werkzeugstählen richtet sich
die Höhe der Anlasstemperatur
hauptsächlich nach der erforder-
lichen Gebrauchshärte. Anhalts-
werte sind aus den Anlassschau-
bildern in den Liefervorschriften
der betreffenden Stähle oder aus
den Unterlagen der Stahlhersteller
zu entnehmen. Die Haltedauer
sollte mindestens eine Stunde
betragen.
Gehärtete Werkzeuge aus
Warmarbeits-, legierten Kaltar-
beits- oder Schnellarbeitsstählen
weisen nach dem Härten einen
Restaustenitgehalt von 10 bis 40 %
auf, der sich nach dem Anlassen in
Martensit und/oder Bainit umwan-
delt. Dementsprechend sollte das
Anlassen mindestens einmal wie-
derholt werden, um den nach dem
ersten Anlassen aus dem Restauste-
nit entstandenen Martensit eben-
falls
anzulassen. Bei Werkzeugen
aus Stählen mit Sekun
därhärtungs-
effekt ist ein zweites Anlassen so-
gar
notwendig, um die geforderten
Gebrauchseigenschaften sicher zu
erreichen. Ist nach
dem ersten An-
lassen die geforderte
Härte bereits
erreicht, dann sollte die zweite An-
lasstemperatur 30 bis
50 °C unter-
halb der vorangegan
genen liegen.
Liegt die Härte nach dem ersten
Anlassen oberhalb der
geforder-
ten Werte, so ist mindes
tens auf
der Temperatur des ersten
Anlas-
sens oder etwas höher anzulassen.
Beim Anlassen von Schnell-
arbeitsstählen tritt im Verlauf der
Anlasskurve nach dem Abfall der
Härte mit zunehmender Anlass-
dauer im
Bereich von etwa 550 °C
ein Maxi
mum auf, was als Sekun-
därhärte
bezeichnet wird, siehe
5.3 und Bild 36.
Der Effekt der Sekundärhär-
t
ung kann bei Schnellarbeitsstäh-
len (und auch bei anderen Werk-
zeugstählen mit Sekundärhärtungs
-
ef
fekt) durch Modifikation der Aus
-
tenitisierparameter Temperatur
und Haltedauer beeinflusst wer-
den,
wie aus den Anlasskurven in
Bild 45 zu entnehmen ist.
Die Anlasstemperatur richtet
sich nach den geforderten Ge-
brauchseigenschaften und liegt üb
-
licherweise, je nach Stahlsorte und
erforderlicher Härte, zwischen
540
und 590 °C. Die Haltedauer sollte
mindestens eine Stunde betragen.
Die Wahl des Ofens zum An-
lassen der Werkzeuge aus Schnell-
arbeitsstählen richtet sich nach dem
Ofen, in dem das Austenitisieren
vorgenommen wurde. Bei Vakuum
-
öfen erfolgt es meist ebenfalls in
einem Vakuum-Anlassofen, meist
in
Stickstoff, um eine konvektive
Wärmeübertragung zu erreichen.
Wird in Prozessgasanlagen gehär-
tet, wird meist unter Stickstoff
Wärmebehandlung von Stahl – Härten, Anlassen, Vergüten, Bainitisieren