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Das große Unternehmer 1x1
innehat. Durften Fiskus, Sozialbehörden und Strafverfolger
bislang aber nur bei der Verfolgung von Straftaten über die
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) und
das Bundesamt für Finanzen auf Daten der rund 500 Milli-
onen Konten zugreifen, ist seit Inkrafttreten des „Gesetzes
zur Förderung der Steuerehrlichkeit“ alles anders geworden.
Seit 1. April 2005 reicht es nämlich aus, wenn ein Finanz-
beamter angibt, er müsse Daten einsehen, „weil dies zur
Festsetzung oder Erhebung von Steuern erforderlich ist
und ein Auskunftsbegehren an den Steuerpflichtigen nicht
zum Ziele geführt hat oder keinen Erfolg verspricht“ –
belegen muss er das zunächst nicht. Lediglich von seinem
Vorgesetzten wird geprüft, ob die Voraussetzungen für
einen „Schnüffelauftrag“ gegeben sind. Auch der Kreis der
Auskunftsberechtigten wurde kräftig erweitert: Wenn nur
überhaupt eine steuerliche Verknüpfung besteht, dürfen
Daten abgefragt werden – beispielsweise vom Sozialamt,
der Wohngeldstelle oder etwa dem BAföG-Amt.
Und das wird ausgenutzt. 2009 wurde in Fachkreisen eine
Zahl kolportiert, wonach seit Bestehen dieser Möglichkeit
insgesamt 154 Millionen Mal davon Gebrauch gemacht
worden sei. Offiziell bestätigt wurde die Zahl nie, demen-
tiert aber auch nicht. Sie bedeutet statistisch, dass in den
ersten fünf Jahren ein Bankkonto eines jeden Deutschen
zweimal heimlich geprüft wurde. Ein Hammer!
In Zeiten leerer Staatskassen und gläserner Konten werden
also Sachbearbeiter bei den Finanzämtern verstärkt darauf
getrimmt, wie sie Steuerzahler noch besser ausspionieren
können. Intensiver als früher wird nach versteckten Konten
und verborgenen Geldflüssen gefahndet, und nicht selten
sind es kleine Details, auf die deutsche Finanzbeamte
verstärkt schauen. So werden zum Beispiel alle freiwillig
eingereichten Bankbelege daraufhin überprüft, ob das
angegebene Konto bereits amtsbekannt ist. Wenn nicht,
droht eine automatische Kontenabfrage. Auch wurden
Finanzbeamte darauf geschult, intensiv nach Steuerzah-
lern Ausschau zu halten, die noch kurz vor Inkrafttreten
der neuen Abfragerichtlinien die Bank gewechselt und
die alten Konten geräumt haben. In der Praxis wurden
beispielsweise Betriebsprüfer angehalten, auf Rechnungs-
vordrucke und Briefbögen zu achten und dort angegebene
Bankverbindungen auf Übereinstimmung zu prüfen, weil
Geldinstitute die Daten über gelöschte Konten nur drei
Jahre lang speichern müssen. Stößt der Finanzbeamte
nämlich erst später auf einen Kontenwechsel, gibt es für
die Fahnder keine verwertbaren Daten bei der Bank mehr.
Vor allem Luxusgüter und deren Händler stehen hoch oben