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Das große Unternehmer 1x1 Finanzamt
ßige Buchführung machen (die also doppelt kontieren und
jährlich Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung erstellen
müssen), das Ausfüllen des vierseitigen Formulars. Damit,
so hieß es damals amtlich, fördere der Staat das Unterneh-
mertum, denn insbesondere Freiberufler, Kleinbetriebe und
Mittelständer sollten von den Möglichkeiten der erleich-
terten einfachen Buchführung profitieren.
Das Verfahren aber blieb umstritten und wurde inzwi-
schen vom Finanzgericht Münster kassiert. Ein Unter-
nehmer, der seinen Gewinn nicht durch Bilanzierung,
sondern durch Einnahmenüberschussrechnung ermittelt,
ist nicht verpflichtet, hierfür den amtlich vorgeschriebenen
Vordruck „Anlage EÜR“ zu verwenden, befanden die Richter
in einem Urteil vom 17.12.2008 (Az. 6K2187/08). Für die
Gewinnermittlung auf einem amtlich vorgeschriebenen
Vordruck fehle es an einer wirksamen Rechtsgrundlage,
so die Richter. Die Finanzverwaltung könne sich hierfür
nicht auf § 60 Abs. 4 EStDV – eine Rechtsverordnung der
Bundesregierung – stützen, da bereits die Voraussetzungen
der gesetzlichen Ermächtigung im Einkommensteuergesetz
(EStG) nicht vorlägen. Zum einen werde mit der Verpflich-
tung zur Abgabe einer Gewinnermittlung nach amtlichem
Vordruckmuster das Besteuerungsverfahren nicht verein-
facht, sondern jedenfalls für diejenigen Unternehmer
erschwert, die ihre Gewinne bislang mittels elektronischer
Standard-Systeme (im Streitfall DATEV) ermittelt haben.
Zum anderen führe der mit der Einführung der Anlage EÜR
verfolgte Zweck einer Kontroll- und Plausibilitätsprüfung
durch die Finanzverwaltung nicht zu einer Gleichmäßigkeit
der Besteuerung, sondern – im Gegenteil – zu Ungleich-
behandlungen im Gesetzesvollzug. Denn für Unternehmer,
die ihren Gewinn durch Bilanzierung ermitteln, stehe den
Finanzbehörden derzeit kein der Anlage EÜR entspre-
chendes Plausibilitätsprüfunginstrument zur Verfügung, so
dass vergleichbare Besteuerungssachverhalte dort mögli-
cherweise nicht aufgegriffen würden. Auch könne – so
das Finanzgericht Münster weiter – die Verpflichtung zur
Ermittlung des Gewinns nicht auf eine bloße Rechtsverord-
nung der Bundesregierung gestützt werden, sondern hätte
durch den Gesetzgeber selbst entschieden werden müssen.
Noch ist offen, was aus der „Anlage EÜR“ wird, eine
endgültige Entscheidung vom Bundesfinanzhof (BFH) steht
noch aus.
Das neue Formular EÜR sollte von Anfang an, wie WISO
aus der Steuerverwaltung zuverlässig erfuhr, weniger der
Vereinfachung dienen (was öffentlich gerne behauptet
wurde) als dem automatisierten Auffinden von Kandidaten,