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1 Härten, Anlassen, Ver-
güten und Bainitisieren
zum Verbessern der
Gebrauchseigenschaften
von Bauteilen und Werk-
zeugen aus Stahl
1.1 Zweck des
Wärmebehandelns
Der Werkstoffzustand, in dem
Bauteile und Werkzeuge aus Stahl
hergestellt und bearbeitet werden,
erfüllt nur selten gleichzeitig auch
die Anforderungen, die sich aus
dem
Verwendungszweck ergeben.
Es ist daher notwendig, den Werk
-
stoffzustand durch Wärmebehan-
deln so zu verändern, dass z. B. die
Härte, die Festigkeit, die Zähigkeit
oder der Verschleißwiderstand den
unterschiedlichen Bedingungen
der jeweiligen Anwendung optima
l
angepasst sind. Damit lässt sich
auch das Verhältnis zwischen Be-
anspruchbarkeit, Werkstückgeo-
metrie und Abmessung optimieren.
Das heißt, die Sicherheit gegen ei-
nen frühzeitigen Ausfall oder ein
Versagen wird vergrößert, oder bei
gleich großer Sicherheit kann die
Abmessung verringert werden.
Wärmebehandeln heißt nach
DIN EN 10052, „ein Werkstück
ganz oder teilweise Zeit-Tempera-
tur-Folgen zu unterwerfen, um eine
Änderung seiner Eigenschaften
und/oder seines Gefüges herbei-
zuführen. Gegebenenfalls kann
während der Behandlung die
chemische
Zusammensetzung des
Werkstoffs geändert werden.“
Je nach dem Ziel des Wärme-
behandelns stehen mehrere unter-
schiedliche Verfahren zur Auswahl.
Bei einigen Verfahren wird der
Werkstoffzustand gezielt über den
gesamten Querschnitt verändert:
beim Glühen, Härten, Anlassen,
Vergüten oder Bainitisieren. Bei
anderen Verfahren ist nur eine Ver
-
änderung der Randschicht beab-
sichtigt, wie beim Randschicht-
härten, Nitrieren oder Nitrocar-
bu
rieren. Bei manchen Verfahren
wird zwar gezielt die Randschicht
verändert, jedoch erfolgt auch eine
Beeinflussung des Werkstoffzu-
standes im gesamten Querschnitt.
Dies trifft z. B. auf das Einsatzhärten
oder die Diffusionsbehandlungen
Chromieren und Borieren zu.
In Bild 1 ist eine Übersicht
über die derzeit industriell ge-
bräuchlichsten Verfahren darge-
stellt. Sie sind in vier Gruppen
eingeteilt. Im Folgenden werden
aus der ersten Gruppe das Härten
über den gesamten Querschnitt
und das Bainitisieren sowie aus
der zweiten Gruppe das Anlassen
behandelt. Die thermochemischen
Behandlungen Aufkohlen und
Carbonitrieren und das Härten
aufgekohlter oder carbonitrierter
Teile sind im Merkblatt 452
be-
schrie
ben, das Nitrieren und Nitro-
carburieren im Merkblatt 447.
1.2 Ziel des Härtens, Anlassens,
Vergütens, Bainitisierens
Ziel des Härtens ist es, mög-
lichst einen martensitischen
Werkstoffzustand herzustellen,
der durch eine höhere Härte ge-
kennzeichnet ist. Nach der Defi-
nition in DIN EN 10052 schließt
das Härten auch die Zustände ein,
bei denen neben Martensit im Ge-
füge auch geringe Anteile an Bai-
nit auftreten, da je nach Stahl und
den Gegebenheiten beim Härten
eine Umwandlung ausschließlich
in Martensit nicht immer erreich-
bar ist.
Z
iel des Bainitisierens ist es
dagegen, einen Werkstoffzustand
herzustellen, in dem Bainit der
allein vorherrschende Gefügebe-
standteil ist. Auch dies führt zu
einer höheren Härte und Festigkeit,
jedoch werden nicht in jedem Fall
die gleich hohen Härtewerte er-
reicht wie beim Härten.
In den meisten Fällen hat es
sich als zweckmäßig erwiesen,
Bauteile und Werkzeuge nach
Merkblatt 450
Härten über
den gesamten
Querschnitt
Anlassen bei
Temperatur
< 200 ºC
Anlassen bei
Temperaturen
500 bis 600ºC
= Vergüten
Härten
aufgekohlter Teile
= Einsatzhärten
Randschichthärten
Auslagern
Erholungsglühen
ohne nachfolgende Härtung:
mit nachfolgende Härtung:
wahlweise ohne/mit Härtung
Weichglühen
GKZ-Glühen
Normalglühen
Rekristallisations-
glühen
Spannungsarm-
glühen
Diffusionsglühen
bzw. -behandeln
Sulfidieren
Oxidieren
Nitrieren
Nitrocarburieren
Chromieren
Thermochemische Diffusion
GlühenAnlassenHärten
Bainitisieren
Aufkohlen
Carbonitrieren
Borieren
Härten über
den gesamten
Querschnitt
Anlassen bei
Temperatur
< 200 ºC
Anlassen bei
Temperaturen
500 bis 600 ºC
= Vergüten
Härten
aufgekohlter Teile
= Einsatzhärten
Randschichthärten
Auslagern
Erholungsglühen
Ohne nachfolgende Härtung:
Mit nachfolgender Härtung:
Wahlweise ohne/mit Härtung:
Weichglühen
GKZ-Glühen
Normalglühen
Grobkornglühen
Rekristallisations-
glühen
Spannungsarm-
glühen
Diffusionsglühen
bzw. -behandeln
Sulfidieren
Oxidieren
Nitrieren
Nitrocarburieren
Chromieren
Thermochemische Diffusion
GlühenAnlassenHärten
Bainitisieren
Aufkohlen
Carbonitrieren
Borieren
Bild 1: Übersicht über die Wärmebehandlungsverfahren