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D
as kubisch raumzentrierte
Gittersystem enthält zwei Eisen-
atome je Elementarzelle. Der
Abstand
der Eckatome voneinan-
der beträgt 0,286 nm. Im kubisch
flächenzentrierten System ist die
Packungsdichte der Eisenatome
größer: Vier Eisenatome zählen zur
Elementarzelle, und der Abstand
der Eckatome ist mit 0,357 nm
größer als im kubisch raumzen-
trierten System.
Die technisch verwendeten
Eisenwerkstoffe Stähle, Gusseisen
oder Sintereisen sind Legierungen,
bei denen in das Eisengitter ent-
weder an der Stelle eines Eisen-
atoms (substitutiv) oder in Gitter-
lücken (interstitiell) Fremdatome
eingefügt – gelöst – sind, so dass
kein Reineisenkristall, sondern ein
Mischkristall vorliegt. Substitutions
-
mischkristalle entstehen, wenn die
Fremdatome eine ähnliche Größe
wie die Eisenatome aufweisen. Dies
trifft
z. B.
auf die Elemente Chrom,
Molybdän, Vanadium und andere
metallische Elemente zu. Fremd-
atome, die kleiner als die Eisen-
atome sind, wie
z. B.
Kohlenstoff,
Stickstoff oder Wasserstoff, werden
dagegen interstitiell eingelagert.
Die Menge der im Eisengitter
löslichen“ Fremdatome ist be-
schränkt. Wird das Lösungsver-
mögen überschritten, bilden
Fremdatome eine zweite Phase
oder eine neue Kristallart (Verbin-
dungskristall) mit einem gegen-
über den Eisen-Mischkristallen
unterschiedlichen Gitteraufbau.
Der Polymorphismus des Eisen
-
gitters sowie die unterschiedliche
Art der Legierungsbildung bewir-
ken einen unterschiedlichen Auf-
bau des Gefüges von Eisenwerk-
stoffen und der davon abhängigen
Eigenschaften und eröffnen Mög-
lichkeiten zu einer gezielten Beein
-
flussung durch eine Wärmebe-
handlung.
2.2 Gefügeänderungen
beim Erwärmen –
das ZTA-Schaubild
Das Gefüge unlegierter Stähle
mit einem C-Gehalt bis 0,8 Masse-
% (untereutektoid) besteht im
normalisierten Zustand aus Ferrit
und Perlit, bei ca. 0,80 Masse-%
(eutektoid) aus Perlit und bei hö-
herem C-Gehalt (übereutektoid)
aus Perlit und Zementit. Ferrit ist
ein Eisen-(α)Mischkristall mit ei-
nem Kohlenstoffgehalt von höchs-
tens 0,02 Masse-%. Bei Raumtem-
peratur ist das Eisengitter kubisch
raumzentriert. Perlit besteht aus
einem Gemenge der beiden neben-
einander
entstandenen Bestand-
teile Ferrit und Eisencarbid. Letz-
teres wird auch als Zementit be-
zeichnet. Zementit ist ein Verbin-
dungskristall aus drei Eisenatomen
und einem Kohlenstoffatom. Der
Kohlenstoffgehalt beträgt maximal
6,67 Masse-%. Das lichtmikrosko-
pische Aussehen eines ferritisch-
perlitischen Gefügezustands ist in
Bild 5 abgebildet. Bei legierten
Stählen enthält das Gefüge außer-
dem Carbide metallischer Legie-
rungselemente wie
z. B.
Chrom,
Molybdän, Wolfram, Vanadium,
Mangan, Silizium usw.
Wird Stahl auf Temperaturen
über 723 °C erwärmt, ändert sich
sein Gefügezustand; bei untereutek-
toidem Stahl beginnend im Perlit.
Dessen Eisencarbide zerfallen, und
das kubisch raumzentrierte Gitter
des Ferrits wird kubisch flächen-
zentriert, es entsteht der Gefüge-
bestandteil Austenit. Die flächen
-
zentrierte Anordnung der Eisen-
atome erlaubt, wesentlich mehr
Kohlenstoffatome auf Zwischen-
gitterplätzen aufzunehmen (einzu-
lagern). Der durch den Zerfall des
Zementits freigesetzte Kohlenstoff
kann daher vom Austenit in Lösung
genommen werden. Im weiteren
Verlauf des Wärmens wird auch
aus dem restlichen Ferrit Austenit.
Bei übereutektoidem Stahl beginnt
die Umwandlung ebenfalls mit der
Auflösung des Perlits und wird mi
t
dem Zerfall des Zementits abge-
schlossen. Bei Temperaturen über
rd. 900 °C zerfallen bei den legier-
ten Stählen die Carbide.
Die erforderliche Dauer für das
Austenitisieren wird von der Art
und der Geschwindigkeit des Er-
Merkblatt 450
Zeit
Temperatur [ºC]
400
600
800
1000
1200
1400
1600
α-Eisen
(krz)
γ-Eisen (kfz)
δ-Eisen (krz)
Ac
2
769º
Ac
3
911º
Ac
4
1392º
Ar
4
1392º
Ar
3
911º
Ar
2
769º
Erstarrungspunkt 1536º
Schmelzpunkt 1536º
Bild 4: Abkühlkurve (links) und Erwärmkurve (rechts)
von reinem Eisen
Bild 5: Lichtmikroskopische Aufnahmen des normalisierten
Stahls C45
0,1 mm
0,02 mm